Titelschrift

Küstermann


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Drei Zebras in einem Schriftzug Ich Ich, gespiegelt

Was ist der Mensch? Ich oder Ich

Für die meisten Menschen scheint das Ich eine ganz einfache Sache zu sein. Völlig unbefangen sagen sie: "Ich mache was ich will!" "Ich sage meine Meinung!" "Ich finde mich ganz in Ordnung!" oder "Ich mag keinen Spinat!". "Ich" zu sagen, gelingt den Meisten als wäre es die größte Selbstverständlichkeit der Welt. Wir meinen, es seien nur äußere Umstände, die uns im Wege stehen, es seien nur andere Menschen, die dem "Ich" Probleme bereiten. Wenn das "Ich" allein auf der Welt wäre, dann gäbe es keine Schwierigkeiten. Hat aber doch mal einer mit sich selbst Probleme, dann zucken die anderen die Achseln und denken "So jemand braucht kein Mitleid und keine Hilfe. Der ist doch selber schuld".

Wer immer mit sich selbst einer Meinung ist, dem kommen solche Selbstzweifler komisch vor. Wer mit sich selbst völlig einig ist, der kann nur den Kopf schütteln über solche Leute, die sich selbst im Wege stehen. Aber forschen Sie doch bitte ein bißchen bei sich selber nach: Kennen Sie vielleicht das Gefühl, wenn einem im Nachhinein einfällt, was man hätte tun sollen?

Da wurden Sie blöd angequatscht, aber die schlagfertige Antwort, die der Anquatscher wirklich verdient gehabt hätte, entsteht in Ihrem Kopf erst später. In der Situation haben Sie nur herumgestottert oder waren gar sprachlos ob der Unverschämtheit des Gegenübers. In Ihrer Phantasie spielen Sie die Szene noch mal durch und JETZT fallen Ihnen lauter saftige Antworten ein: DAS hätte ich sagen sollen und SO hätte ich reagieren müssen, aber jetzt ist es zu spät. Sie ärgern sich und zwar nicht nur über denjenigen, der so blöd daher geredet hat, sondern Sie ärgern sich vielleicht noch mehr über sich selbst. Sie sind mit sich uneins.

Solche Sachen passieren nicht nur in Bezug auf die Vergangenheit. Da könnte man sich ja noch selbst entschuldigen und sagen: "Lieber zu spät als nie". Aber ist es Ihnen schon mal passiert, dass Sie sehr wohl die richtige Einsicht im voraus hatten und sich dann doch falsch verhielten? Da nehme ich mir fest vor, einem bestimmten Menschen etwas zu sagen, was ich schon lange sagen wollte. Ich lege mir die Worte zurecht. Ich überlege mir verschiedene Arten, den entscheidenden Satz anzufangen. Ich bin mir sicher, das es richtig ist, das endlich mal zu sagen. Aber in der Situation ist da plötzlich wieder dieses andere "Ich" in mir. Und dieses andere "Ich" will nicht so wie ich will, sondern drückt sich davor, die Sachen beim Namen zu nennen. Gegen dieses andere "Ich" komme ich mir ganz schwach vor. Ich kann mich gegen mich selbst nicht durchsetzen. Ich weiss eigentlich schon, was ich will, aber ich tue es nicht.

Die Zwiespältigkeit des Ich, seine Fähigkeit zu sich in Widerspruch zu treten, könnte aber in einem weiteren Sinn etwas sehr Wertvolles sein: Die Eröffnung eines inneren Raumes, in dem es nicht gleich um die Rechtfertigung nach außen geht, sondern um ein sich seiner selbst Bewusstwerden. Selbstkritik und Selbstvergewisserung brauchen diesen Raum für Verarbeitung und Eigenentwicklung, nicht so direkt ausgesetzt der gesellschaftlichen Einflussnahme, reserviert gegen Zugriffe und Fremdbestimmung. Von wem lässt du dir sagen, wer du bist? Und wann redest du mit dir selbst darüber? Wann mit Gott?

Bis hierher war's harmlos

... aber hör dir mal das hier verlinkte Selbstgespräch an. Doppelfoto zwei mal der selbe Musiker leidend mit sich selbst diskutierend
und vergleiche es mit der folgenden Passage aus dem Brief des Paulus an die Römer.

Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 7, ab Vers 14

14 Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft.  15 Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich.  16 Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, stimme ich dem Gesetz zu, dass es gut ist.  17 So tue ich das nicht mehr selbst, sondern die Sünde, die in mir wohnt.  18 Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht.  19 Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.  20 Wenn ich aber tue, was ich nicht will, vollbringe nicht mehr ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt.  21 So finde ich nun das Gesetz: Mir, der ich das Gute tun will, hängt das Böse an.  22 Denn ich habe Freude an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen.  23 Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Verstand und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.  24 Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes? 25 Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn! So diene ich nun mit dem Verstand dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde.

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Drei Zebras in einem Schriftzug Ich Ich, andersrum gespiegelt