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Eine Idee zur Entstehung der Kunst im Paläolithikum / Teil 4 /  Dieser Artikel wurde veröffentlicht am 2019mrz24

Wie dicht waren die Neandertaler an der Kunst?

Ocker-Farbe auf Muschelschalen und Bohrlöcher in Adlerklauen, was konnten die noch alles? Stammt die Maske von La Roche-Cotard von einem einsamen Genie?

Dass die Neandertaler eine Sprache haben dürfen, sei ihnen gegönnt, aber müssen sie jetzt gleich die gesamte musikalische und künstlerische Kultur des Aurignacien zugeschrieben bekommen? Die Archäologen haben zu kämpfen um diese Kultur-Stufe für den Sapiens zu reklamieren. In den kunstträchtigen Höhlen liegen die Knochen der einen Menschenart neben denen der anderen. Bei jedem Zahn wird gefeilscht, zu wem er gehöre und um die Ungestörtheit der Schichten­folge wird gestritten. Steinwerk­zeuge von denen und Steinwerk­zeuge von uns nebeneinander oder übereinander im Sand unter den wunderschönen Gemälden.

Hauptbeweis gegen die Kultur­fähigkeit der Neandertaler und für die Zuschreibung der Kultur­erzeugnisse an den Sapiens war bisher das Argument, dass in den Zigtausend Jahren vor der Ankunft des Sapiens keine Kunst vorläge, also kein Neandertaler auf eine derartig kreative Idee gekommen sei. Jahrtausend­lang hat niemand im weiten, neandertalischen Land versucht eine Figur zu schnitzen, einen Bison an die Höhlenwand zumalen oder in einen hohlen Schwanen­knochen zu pusten. Dem widersprach zuerst die "Maske von La Roche-Cotard". Das ist eine kleine Stein-Scheibe, die wie ein Menschen- oder Tier­gesicht aussieht. Dieses seltsame Teil wird als "Proto-Figurine" bezeichnet, ein Vorläufer der späteren Kleinkunst. Der Eindruck eines Gesichts wird dadurch erzeugt, dass ein Stück Knochen in eine löchrige Silex-Scheibe eingeklemmt und mit kleinen Steinchen festgekeilt wurde. Die beiden Knochen­enden gucken symmetrisch aus dem Stein und sehen dann aus wie Augen. Welches Genie hatte diese verrückte Idee?

Maske von LaRoche-Cotard

Solange diese Neandertaler-Kunst in einer Höhle an der Loire ein Einzelfall blieb, konnte man immer noch vermuten, dass die explosions­artige Vermehrung von Kunst im Aurignacien doch eher dem Erscheinen des Sapiens in Europa zu verdanken sei. Die Ocker-Farbe in den Muschel­schalen der spanischen Cueva de los Aviones konnte zwar von Joao Zilhao in Richtung Körperbemalung des Neandertalers interpretiert werden. Aber darin schon Kunst zu sehen, will vielen Archäologen nicht so recht schmecken. Ein Pauken­schlag zugunsten des Neandertalensis wäre die 2018 erfolgte Datierung der Höhlenmalerei der Cueva de La Pasiega auf ein Alter von 64-Tausend Jahren, aber diese Datierung mit der Uran-Thorium-Methode ist umstritten. Der Hauptbeweis für die Nicht-Kunst-Fähigkeit unserer 4% Omas und Opas wackelt also, ist aber noch nicht gefallen. Wenn die Neandertaler vor dem Aurignacien kunstlos geblieben waren, dann muss die große Epoche wohl den Neueinwanderern zugeschrieben werden. So lautet die Logik des Hauptbeweises. Die europäische Kunst entsteht genau dann, als die Sapiens nach Europa kommen.

Unabhängig von den Datierungen in Europa könnte der Hauptbeweis auch aus anderem Grunde hinfällig werden: Nämlich durch die peinliche Gegenfrage: Wo ist die Kunst der Sapiens vor ihrer Ankunft in Europa?

Auch Familie Sapiens hat vor ihrer Begegnung mit den Neandertalern keine Kunst zuwege gebracht. Sapiens existierte zigtausend Jahre lang in Afrika. Da hätten sie genug Zeit gehabt zum Malen und Schnitzen. Aber auf dem Ursprungs­kontinent des Homo sapiens sapiens sind alle bisher gefundenen Höhlenmalereien deutlich jünger als das Aurignacien. Warum hat der Sapiens in den früheren Jahrtausenden seiner Existenz nicht so richtig den Durchbruch zur Kunst geschafft? Wenn der einen Menschenart ein Mangel an Kreativität vorgeworfen wird, gilt das genauso für die Andere. Die Katze mit den Menschen­beinen in Namibia wurde erst vor 27-tausend Jahren auf die Steinplatte gemalt. Sapiens-DNA allein genügte nicht, um zur Kunst zu kommen, dafür brauchte es noch einen anderen Impuls, eine andere Herausforderung. Welche Faktoren kämen in Frage? Außer­irdische Kunst­lehrer wollen wir doch eher nicht vermuten, oder? Wirkte vielleicht die eiszeitliche Coolness in Europa förderlich auf die Schaffenskraft? Gibt es hirn­physiologische Erkenntnisse zum Einfluss von Kälte auf die Kreativität? Sorry für meine albernen Fragen. Ich halte meine Idee mit der Menschen­arten­begegnung als Kick zur Kunst für eine gute Theorie.

Es wurden wohl Malereien auf Sulawesi gefunden aus sehr früher Zeit, also gab es vielleicht eine künstlerische Revolution auch in Asien. Da stellt sich die Frage, ob sich dort vielleicht auch zwei Menschen­arten begegnet sind? Der Denisova-Mensch besteht zwar nur aus dem DNA-Extrakt eines Fingerknöchelchens, aber es gab in Asien noch andere Typen, der Flores-Mensch vielleicht?

Auch wenn es wirklich die Sapiens waren, die in Europa die Kunst erfanden, warum findet die große künstlerische Revolution des Aurignacien ausgerechnet zu der Zeit statt, als zwei Unter­arten der Gattung Homo denselben Lebensraum miteinander teilten? Könnte die Begegnung von Neandertalern und Homo sapiens sapiens der Auslöser, oder zumindest ein Auslöser für das Kunst­schaffen gewesen sein?

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