Titelschrift

Küstermann




menue-symbol   Jesus   Gruppen  - 2. Die Pharisäer - - 3.1 Die Sadduzäer - - 3.2 Die Essener - - 3.3 Die Zeloten -

Schriftzug Jesus

Identität und Abgrenzung, Teil 1

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Sensibilisierungs-Übungen:

1. Notiere zu den folgenden Stichworten ein weiteres, das in diese Sammlung passen könnte:
Quarantäne, Isolation, Kommunikationsabbruch, Ausgehverbot, Exil, Abgrenzung, Absperrung, Sonderbereich, Berührungsverbot.
Ziehe den Kreis Deiner Assoziationen weiter als nur im Umkreis der aktuellen Situation. Nimm Deine dabei auftauchenden Gefühle wichtiger, als die Tatsachen und Maßnahmen, die von außen vorgegeben werden.

2. Erfrage mindestens ein weiteres passendes Stichwort von anderen Kursmitgliedern (besser per Telefon, um die Stimme zu hören) oder von Menschen in Deinem Haushalt. Achte auf deren Stimme und Stimmung.

3. Der Corona-Virus erzwingt Abgrenzung. Und wir bekommen zu spüren, wie die Unterbrechung der sozialen Beziehungen unsere Identität in Frage stellt. Wie sehr hängt unsere Identität von der Kommunikation ab? Ist unser Selbstgefühl nur ein Produkt der Kommunikation? Von wem lässt Du Dir sagen wer Du bist? Gibt es auch freiwillige Formen der Abgrenzung? Gibt es selbstbestimmte Identität? Dies ist nicht die Frage, was Du gerne wärst. Auch nicht die Suche im Supermarktregal nach einer coolen, neuen Identität, die Du Dir kaufen könntest. Sondern es ist die Frage nach der Tür zu Dir selbst, ohne den Umweg über die anderen. Was bedeutet Schweigen? Was Stille? Was ist der Mensch alleine, für sich? Alle hängen an der Kommunikation, als wäre es ihre Nabelschnur. "Cut the cord" (schneide die Leitung ab) singt Brandon Flowers im Lied "Human". Schau Dir das Video an:
Mensch oder Tänzer
"Sind wir Menschen oder sind wir Tänzer", das ist hier die Frage, in diesem Lied. Manche übersetzen "Cord" als Faden. Schneide die Fäden durch, soll es dann heißen. "Tänzer" werden bei dieser Übersetzung als Marionetten missverstanden. Damit stellt sich diese Übersetzung zu sehr und zu einfach auf die Seite des Menschseins. Wer Mensch sein will, soll die Marionettenfäden durchschneiden, also bloß keine Tänzer, keine Tänzerin sein. Wer das offizielle Musik Video zu diesem Lied sieht, könnte auf andere Gedanken kommen. Die Federn auf den Schultern des Sängers sehen aus wie ein Schamanen-Kostüm und wenn Schamanen sich in Trance tanzen, verlieren sie den kommunikativen Kontakt zu dieser Welt und gehen durch eine offene Tür in die Jenseits-Welt. Sie verwandeln sich zum Beispiel in Tiere und streifen draußen durch die Wildnis. Erinnere Dich an das Kindergartenspiel "Mein rechter, rechter Platz ist leer, da wünsch ich mir den/die Hmhm her". "Als was soll ich kommen?" Was ist Dein Lieblingstier? Womit identifizierst Du Dich? So könnte das Music-Video gemeint sein. Sich via Tier-Identifikation zu erkennen ist nicht einfach Fantasy, sondern an vielen Stellen der Menschheitsgeschichte war es eine Art von Religion. Und diese Art von Religion taucht meist dort auf, wo Sprachen aussterben, zum Beispiel in Sibirien, wo viele alte Sprachen der einheimischen Völker ausgestorben sind. Ebenso bei Välkern, deren Kultur durch Kolonialismus vom Aussterben bedroht ist. Kommunikationsverlust und Trance-Tanz hängen zusammen. Tanz ist dann nicht das Gefangensein an Marionettenfäden, sondern es ist eine Suche nach einer anderen Erfahrung, einer anderen Wirklichkeit. "Cut the cord" heißt: Schneide die Leitung ab und begib dich hinaus in die Wildnis. Begib dich auf die Reise. Das biblische Wort für "Trance" heißt "Verzückung". Die Propheten und die Könige Saul und David fielen in Verzückung als die Unterdrückung durch die Philister unerträglich wurde. Der Prophet Hesekiel wurde von der Hand Gottes ergriffen (Marionette?) als die Babylonier Jerusalem erobert hatten. Nicht der Tanz ist das Marionetten-Dasein, sondern die Fäden der Kommunikation könnten eine Gefangenschaft sein. Kommunikationszwang ist Fremdbestimmtheit. Jesus ging hinaus in die Wüste oder suchte sonst wo die Einsamkeit. Was bedeutet Schweigen? Was ist Stille? Was ist der Mensch alleine, für sich? Ein Tänzchen im Universum?

4. Wo gewinnst Du Deine Identität durch Gemeinschaft mit anderen? Wo gewinnst Du Deine Identität durch Abgrenzung von anderen?

Genug sensibilisiert. Du hast Deine Gefühle bereit für den Stoff, der jetzt kommt.

Religiöse Gruppen zur Zeit Jesu

1. Die Pharisäer

Die Gruppe (oder "Partei") die Jesus wohl am nächsten stand, nannte sich "Pharisäer", einige von den Pharisäern gehörten wahrscheinlich sogar zu den Anhängern Jesu. Die Bezeichnung kommt vom Verb Parasch, absondern, abgrenzen. Es wird vermutet dass es zuerst eine Fremdbezeichnung war mit abfälligem Unterton gegen die Eigenwilligkeit dieser Leute. Andres zu denken, anders zu handeln als die Mehrheit erregte die Kritik. "Sonderlinge" wäre eine zu individualistische Übersetzung. Pharisäische Lebens- und Diskussionskultur war ein soziales Geschehen, aber mit einer deutlichen Abgrenzungstendenz gegen das was "Alle" denken, reden und tun. Die Pharisäer übernahmen das Beinahe-Schimpfwort trotzig als ihre Selbstbezeichnung. So sagt diese Vermutung über die Entstehung des Namens. Für Jesus waren die Pharisäer die wichtigsten Diskussionspartner. Und der spätere Apostel Paulus hat seine theologische Ausbildung bei einem berühmten pharisäischen Schriftgelehrten erhalten, bei Gamaliel.

Die schmerzliche Schule des Exils

Das Judentum insgesamt war nach dem babylonischen Exil ein gutes Stück weit zur Buchreligion geworden. In den Jahrzehnten des Exils hatten sie auf ihr zentrales Heiligtum, den Tempel in Jerusalem, verzichten müssen, was für die meisten Religionen mit ihrer überwiegend im Opferkult stattfindenden Praxis, den Untergang bedeutet hätte und hat. Das Judentum konnte im Exil überleben, indem die Heiligen Schriften selbst zum Heiligtum wurden, zu einem „portablen“ Heiligtum, einem geistigen Tempel jenseits von Opferkult und Ortsgebundenheit. Innerhalb des nachexilischen Judentums bildeten dann wohl irgendwelche Vorläufer-Gruppen, aus denen dann später die Pharisäer hervorgingen, den „Buchreligionsflügel“. Die „Unterweisung im Gesetz“, also die Volksbildung und Lernkultur, waren das pharisäische Anliegen und ihr Medium, Weg und Ziel in einem. Noch Jahrtausende später wird in jiddischer Sprache das Kult- und Versammlungsgebäude, die Synagoge schlichtweg als „Schul“ bezeichnet. Lesenlernen, Schreibenlernen, Auswendiglernen und das Gelernte diskutieren und praktizieren sind die Basis jüdischen Religionslebens. Während in den meisten anderen Kulturen Analphabetismus noch als das Allernormalste galt, und das Lesen und Schreiben fast ausschließlich in speziell ausgebildeten Berufen praktiziert wurde, hatten die Pharisäer das Judentum schon in der Antike zur Bildungsreligion gemacht. Und während andere Kulturen auseinander fielen in schriftkundige (philosophische) Oberschicht und bildungsferne Volksmassen, wurde in den pharisäisch dominierten Synagogen das Volk unterwiesen in den für alle Schichten gültigen Gesetzen des Mose. Der Handwerkersohn Jesus von Nazareth bekommt in der Synagoge die Schriftrolle, um daraus vorzulesen. Nicht viele Handwerkerkinder in den anderen Völkern hatten die Chance lesen zu lernen.

Die Buchreligion, eine neue Welt ist entdeckt

Diese Bildungskultur, die Buchreligion wurde beibehalten auch als nach dem Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem unter persischer Herrschaft, der Opferbetrieb wieder aufgenommen worden war und mit dem zugehörigen Priestertum sich eine neue kulturelle Oberschicht im alten Stil etabliert hatte. Die Priester und ihre Anhängerschaft (Sadduzäer) vertraten eher eine praktische Rückkehr zur Kult- und Opfer-Religion, auch wenn sie die Heiligen Schriften und die damit gewonnene religiöse Identität mittrugen. Andere Gruppen neigten eher zum Rückzug in ihre jeweiligen "Insider-Kreise". Alle jüdischen Gruppen ("Parteien") hatten den Schritt zur schriftstellerischen Religion mitvollzogen, aber die Pharisäer waren es, die die nötige Erziehungsarbeit organisierten und leisteten, um möglichst alle Bevölkerungsschichten an dieser Bildungskultur teilhaben zu lassen.

Ein weiteres wichtiges Aktivitätsfeld der Pharisäer war die Armenversorgung und das Almosenwesen. Diese Vorläufer von heutigen Sozialversicherungssystemen waren für die Pharisäer Ausformungen der Gesetzestreue. Der gegen die Sklavenhaltergesellschaft gerichtete Impuls der jüdischen Religion (Passa, Auszug aus Ägypten) wurde durch die „Gesetze des Mose“ in die alltägliche Praxis umgesetzt. Die darin enthaltetenen Sozialregelungen bildeten eine praktische Absicherung gegen den Rückfall in die Sklaverei und waren eine große Errungenschaft, ein heiliges Gesetz. Diese Armenversorgung wurde später vom neu entstehenden Christentum kopiert (siehe Apostelgeschichte: Stephanus, der erste Diakon) und bedeutete im Konkurrenzkampf der Religionen im römischen Reich einen beträchtlichen Prestigegewinn und Missionsvorteil gegenüber den anderen Mysterienkulten.

Den inneren Kern sowohl des Bildungssystems als auch der Armenversorgung bildete „das Gesetz“. Die Tora lernen war Pflicht. Die religiöse Energie der Pharisäer galt der Durchsetzung moralischer Maßstäbe und Verhaltensweisen in allen Bereichen der Lebensführung. Dazu gehörte neben der Armenversorgung auch die Einhaltung des Sabbats und die Einhaltung des Bilderverbots ("... bete sie nicht an und diene ihnen nicht"). Alle diese Gesetze wirkten als Identitätsmerkmal für die eigene Kultur und damit auch als Abgrenzung gegen die nicht am Gesetz sich orientierende Welt. Und die Einhaltung dieser Gesetze wurde verstanden als Hoffnungszeichen für eine bessere Welt, wie sie eigentlich nach dem Willen Gottes sein sollte.

Soziologisch bestand die Anhängerschaft der Pharisäer aus Handwerkern, Bauern, und Händlern, wohl am ehesten als städtische Mittelschicht zu bezeichnen, aber mit ihrer Armenversorgung und mit dem einheitlichen Gesetz für alle Bevölkerungsschichten gewannen die Pharisäer auch hohes Ansehen bei den unteren Schichten. Und mit ihrem Bildungsreservoir konnten sie der herrschenden Oberschicht Respekt abnötigen.

Der historische Horizont der Pharisäer

Die Anfänge: Die Pharisäer im engeren Sinne, also die mit diesem Namen benannte Frömmigkeitsbewegung, entstand wahrscheinlich im 2. Jahrhundert vor Christus. Eine der Nachfolger-Dynastien von Alexander dem Großen, die Seleukiden, betrieben zu dieser Zeit eine brutale Hellenisierungspolitik. Diese Herrscher wollten in ihrem Machtbereich eine kulturelle und religiöse Vereinheitlichung aller unterworfenen Völker durchsetzen. Als Einheitsmuster wurden die mehrheitsfähige griechische Kultur und Religion vorgeschrieben. Die regionalen Kulturen und Religionen sollten ersetzt werden durch griechische Sitten und griechische Götter. Insbesondere der eigenwilligen jüdischen Geschichte und Religion drohte damit der Untergang. Die Widerstandsbewegung (Makkabäer) gegen die Hellenisierungskampagnen hatte Erfolg und erkämpfte sogar die staatliche Eigenständigkeit als Priester-Königreich (Dynastie der Hasmonäer), aber in den folgenden Richtungsstreitigkeiten sonderten sich die Pharisäer von den neuen Machthabern ab.

Ende: Das Verschwinden der Bezeichnung „Pharisäer“ nach dem großen jüdischen Krieg (70 bis 73 nach Christus) und nach dem Bar-Kochba-Aufstand belegt nicht den Untergang dieser Bewegung, sondern vielmehr den Untergang der anderen jüdischen Gruppierungen. Als die Römer nach den genannten Aufständen das jüdische Volk in alle Gegenden zerstreuten und es jedem Juden verboten war, das Land Israel zu betreten, bedeutete dies das Ende der meisten „Parteien“. Für die Sadduzäer führte der Verlust des Tempels, des Opferkultes und der Verwaltungshoheit über Jerusalem zum Verlust ihrer sozialen und religiösen Rollen. Die Guerillabewegung der Zeloten hatte die Befreiungs-Kriege, ihre galliläischen Operationsbasen und sich selbst verloren. Die klosterartige Gemeinschaft der Essener hatte keine Rückzugsmöglichkeit mehr, keinen Ort ihre rituelle Reinheit zu pflegen.

Das Einzige was weiterging war die pharisäische Schule. Lesen und schreiben, denken und diskutieren kann man auch in fremden Städten. Die Tora bewahren und halten, das konnte auch in der Zerstreuung irgendwie gelebt werden. Die Fürsorge füreinander und besonders für die Armen war für das Überleben sogar unersetzlich. So ging aus der pharisäischen Strömung das ganze spätere rabbinische Judentum hervor. Die Pharisäer waren die überlebende Kulturkraft und bildeten das Weiterleben des Judentums, aber die Bezeichnung „Pharisäer“ war überflüssig geworden, weil es die Alternativen dazu nicht mehr gab.

Text von Harald Küstermann
Lizenz zur Weiterverwendung: CC-BY-SA

Aufgaben:

Probiere die folgenden Links und vergleiche eine dieser Beschreibungen mit der Beschreibung oben. Nenne die wichtigste Gemeinsamkeit, und die wichtigste Abgrenzung!
Pharisäer Darstellung I
Pharisäer Darstellung II
Pharisäer Darstellung III

Quelle 1

Der Rat des Gamaliel als im Hohen Rat die Stimmung aufkam, die Jünger Jesu zu töten (Apostelgeschichte Kapitel 5, ab Vers 34)

34 Da stand aber im Hohen Rat ein Pharisäer auf mit Namen Gamaliel, ein Lehrer des Gesetzes, vom ganzen Volk in Ehren gehalten, und ließ die Männer (= die verhafteten Jünger) für kurze Zeit hinausführen. Und er sprach zu ihnen (= zur Ratsversammlung): Ihr Männer von Israel, seht genau zu, was ihr mit diesen Menschen tun wollt. Denn vor einiger Zeit stand Theudas auf und gab vor, er wäre etwas, und ihm hing eine Anzahl Männer an, etwa vierhundert. Der wurde erschlagen und alle, die ihm folgten, wurden zerstreut und zunichte. Danach stand Judas der Galiläer auf in den Tagen der Volkszählung und brachte eine Menge Volk hinter sich zum Aufruhr; und der ist auch umgekommen und alle, die ihm folgten, sind zerstreut. Und nun sage ich euch: Lasst ab von diesen Menschen und lasst sie gehen! Ist dies Vorhaben oder dies Werk von Menschen, so wird's untergehen; ist's aber von Gott, so könnt ihr sie nicht vernichten – damit ihr nicht dasteht als solche, die gegen Gott streiten wollen. Da stimmten sie ihm zu und riefen die Apostel herein, schlugen sie und geboten ihnen, sie sollten nicht mehr im Namen Jesu reden, und ließen sie gehen. Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort, weil sie würdig gewesen waren, um Seines Namens willen Schmach zu leiden, und sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel und hier und dort in den Häusern zu lehren und zu predigen das Evangelium von Jesus Christus.

Aufgabe: Welche Rolle spielt der Pharisäer Gamaliel im Verhältnis von jüdischen Autoritäten zur neuen Jesus-Bewegung?

Quelle 2

Beschreibung zu: Flavius Josephus. Jüdische Altertümer.

Flavius Josephus war ein Geschichtsschreiber des 1. nachchristlichen Jahrhunderts. Von seinen Wurzeln her war er Jude, aber zu den Römern übergelaufen. In seinen Werken, besonders in den „Antiquitates Judaicae“ versucht er, einem gebildeten römischen Publikum die jüdische Geschichte zu erklären. Er bietet dafür Unmengen an Material, das vor allem dadurch interessant wird, dass er sozusagen ein Grenzgänger zwischen den Kulturen ist. Von den religiösen Gruppen spricht er zuerst mit der abwertenden Bezeichnung "Sekten" und versucht dann mit dem Begriff "philosophische Schulen" das gemeinte zu umschreiben. Alle vier Bewegungen kommen bei ihm vor, er wagt es aber zunächst nicht die vierte zu nennen, weil sie die Bewegung der Aufständischen ist, also die für das römische Publikum unangenehmste. Und auch wenn er dann doch von dieser vierten Bewegung spricht, nennt er sie nicht beim Namen, sondern nur beim Namen ihres Anführers, Judas der Galiläer. Sonst werden sie meistens als Zeloten bezeichnet.

Flavius Josephus. Jüdische Altertümer. 18.Buch, 1.Kapitel, Abschnitt 3 über die Pharisäer

2. Bei den Juden gab es schon seit langer Zeit drei philosophische Sekten, nämlich die Essener, Sadducäer und Pharisäer, und wiewohl ich bereits im zweiten Buche des „Jüdischen Krieges“ darüber gesprochen habe, will ich doch die Mühe nicht scheuen, auf dieselben hier noch mal einzugehen.

3. Die Pharisäer leben enthaltsam und kennen keine Annehmlichkeiten. Was vernünftige Überlegung als gut erscheinen lässt, dem folgen sie und halten es überhaupt für ihre Pflicht, den Vorschriften der Vernunft nachzukommen. Die Alten ehren sie und maßen sich nicht an, den Anordnungen derselben zu widersprechen. Wenn sie behaupten, alles geschehe nach einem bestimmten Schicksal, so wollen sie damit dem menschlichen Willen nicht das Vermögen absprechen, sich selbst zu bestimmen, sondern lehren, es habe Gott gefallen, die Macht des Schicksals und die menschliche Vernunft Zusammenwirken zu lassen, sodass jeder es nach seinem Belieben mit dem Laster oder der Tugend halten könne. Sie glauben auch, dass die Seelen unsterblich sind und dass dieselben, je nachdem der Mensch tugendhaft oder lasterhaft gewesen, unter der Erde Lohn oder Strafe erhalten, sodass die Lasterhaften in ewiger Kerkerhaft schmachten müssen, während die Tugendhaften die Macht erhalten, ins Leben zurückzukehren. Infolge dieser Lehren besitzen sie beim Volke einen solchen Einfluss, dass sämtliche gottesdienstliche Verrichtungen, Gebete wie Opfer, nur nach ihrer Anleitung dargebracht werden. Ein so herrliches Zeugnis der Vollkommenheit gaben ihnen die Gemeinden, weil man glaubte, dass sie in Wort und Tat nur das Beste wollten.

Aufgabe: Nenne die vier wichtigen jüdischen Gruppen aus der Zeit Jesu.