Titelschrift

Küstermann




menue-symbol   Jesus   Gruppen  - 2. Die Pharisäer - - 3.1 Die Sadduzäer - - 3.2 Die Essener - - 3.3 Die Zeloten -

Schriftzug Jesus

Religiöse Gruppen zur Zeit Jesu

Die Zeloten

Die Zeloten (= Eiferer, Fanatiker) waren eine von Judas dem Galiläer im Jahre 6 n.Chr. gegründete paramilitärische Widerstandsbewegung der Juden gegen die römische Besatzung. Sie hatten ihre „Festungen“ z.T. in den Bergstädten und Höhlen Galiläas und in anderen unzugänglichen Gebieten. Ein wichtiges Zentrum der Zeloten scheint die Stadt Gamla gewesen zu sein. Aus dem konservativ-jüdischen Millieu dieser Stadt erwuchsen verschiedene Anführer des Widerstands gegen die römische Herrschaft und gegen deren Kollaborateure. Schon in den Generationen vor der Zeit Jesu ab etwa 40 v.Chr. war Hezekia aus Gamla der Kopf der Aufständischen gegen den römischen Klientel-König Herodes den Großen. Eine andere Bezeichnung für die Zeloten oder einer ihrer besonders militanten Flügel waren die Sikarier („Messerstecher“, „Messerschwinger“ oder „Dolchträger“; von lateinisch sica = Dolch), die mit Attentaten und Guerilla-Aktionen gegen die Römer und ihre Besatzung vorgingen.  Ihre bevorzugte Waffe war ein Dolch, die sogenannte Sica, der unter dem Gewand versteckt getragen werden konnte. Nach einer Hypothese könnte auch Judas Iskariot, einer der Jünger  Jesu, ein Anhänger dieser Gruppe gewesen sein, woher sich sein Beiname „Iskariot“ erklären ließe. Eine andere Meinung interpretiert die Berichte von Flavius Josephus so, dass die Sikarier erst zu einem Zeitpunkt aufgetreten wären. Wieder andere Interpreten sehen in Hezekia's Sohn Juda den Gründer der „Sikarier“ und den Aufstand der Juden von Sepphoris, dem Verwaltungssitz von Herodes dem Großen in Galiläa, (6/7 n. Chr.) als maßgeblich von dieser Widerstandsgruppe geführt. Ein Nachkomme derselben Familie, Eleasar Ben Jair, war der Anführer beim Widerstandskampf der Juden in Masada im Jahre 70 n. Chr. Wahrscheinlich lassen sich die einzelnen Fraktionen und Strömungen der gesamten Widerstandsbewegung ohnehin nicht mehr genau von einander abgrenzen. Beim großen jüdischen Krieg fielen im Jahr 70 n. Chr. zahlreiche Zeloten bei der Rückeroberung Jerusalems durch die römischen Legionen. Die letzten Aufständischen, die sich nach dem Fall der Stadt in die Bergfestung Masada zurückgezogen hatten, konnten sich noch bis 73 n.Chr. den römischen Legionen widersetzen. Als sie erkannten, dass ihr Widerstand nicht mehr aufrechterhalten werden konnte, beschlossen sie, in Freiheit aus dem Leben zu scheiden, d.h. einen Massenselbstmord durchzuführen. Sie töteten alle anwesenden Frauen und Kinder und warfen dann das Los darum, wer die anderen und schließlich sich selbst töten solle. Als die Römer die Festung Massada stürmten, fanden sie nur noch die Getöteten.

Die Berufung der Zwölf auf dem Berg

Es begab sich aber zu der Zeit, dass Jesus auf einen Berg ging, um zu beten; und er blieb über Nacht im Gebet zu Gott. Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger und erwählte zwölf von ihnen, die er auch Apostel nannte: Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, Jakobus und Johannes; Philippus und Bartholomäus; Matthäus und Thomas; Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Simon, genannt der Zelot; Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde. Und er ging mit ihnen hinab und trat auf ein ebenes Feld, er und eine große Schar seiner Jünger und eine große Menge des Volkes aus dem ganzen jüdischen Land und Jerusalem und aus dem Küstenland von Tyrus und Sidon, die gekommen waren, ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden; und die von unreinen Geistern umgetrieben wurden, die wurden gesund.  Und alles Volk suchte ihn anzurühren; denn es ging Kraft von ihm aus und heilte sie alle.

Aufgabe: Welcher seiner Jünger sind verdächtig? Mit den bisherigen Informationen können Sie beim aufmerksamen Lesen der Namensliste zwei feststellen.

Die Söhne des Zebedäus, Donnerssöhne

„Söhne des Zebedäus“, so heißen zwei Jünger Jesu. Dieser Beiname könnte einfach nur bedeuten, dass ihr Vater zufälligerweise „Donner“ hieß. Es könnte aber auch ein Kampfname sein, wie manche Zelotengruppen ihn sich verliehen, um ihre „zivile“ Identität geheimzuhalten.

Revoluzzer Christus

Mural von José Clemente Orozco, einer der großen drei der mexicanischen Kunst.

Gamla

Gamla (hebr. גמלא Gamla oder Gamala) war von 87 vor Chr. bis zu ihrer Zerstörung im Jahre 67 n.Chr. eine bedeutende jüdische Stadt in der Gaulanitis (heutiger Golan). Sie befindet sich 8 km östlich des Sees Genezareth auf einem markanten Hügelausläufer. Die Stadt beherbergte über mehrere Generationen namhafte Familien, die sich der Fremdherrschaft durch die Römer und deren Vasallen – wie etwa Herodes – widersetzten. Gamla scheint eine Hochburg der Zeloten-Bewegung gewesen zu sein. Als Herodes der Große Statthalter der Provinz Galiläa war, trat der Rebellenführer Hezekia aus Gamla auf (ca. 40 v.Chr). Herodes der Große bekämpfte die Rebellen und tötete Hezekia. Später, bei der jüdischen Revolte nach dem Tode Herodes des Großen, trat Hezekias Sohn Juda auf. Dieser Juda hatte die Widerstandsbewegung der Sikarier (Krummdolch-Träger) gegründet. Seine Widerstandsbewegung war maßgeblich am Aufstand der Juden von Sepphoris, dem Verwaltungssitz von Herodes dem Großen in Galiläa, beteiligt (6/7 n.Chr.). Wahrscheinlich ist Juda von den römischen Truppen gefangengenommen und hingerichtet worden. Befehlshaber war damals der Statthalter von  Syria, Publius Quinctilius Varus.

Aufgabe: Suchen Sie in den Evangelien die Stelle der Verhaftung Jesu. Wo ist da von Bewaffnung die Rede?

Die "Strategie" des Jesus von Nazareth

Wenn Jesus vom Verzicht auf Gewalt redet, dann sagt er es vor eminent politischem Hintergrund. Unter den Bergen, über die er ging oder auf denen er saß und redete, waren die Höhlen der Partisanen. Ihnen sagte er (und sie hörten ihm in der Runde der Menschen unerkannt zu): Ihr wollt den Aufstand? Ich nicht. Ich will etwas anderes: Dass ihr aufsteht! Ich will, dass ihr euch aus eurer Verzweiflung erhebt und ein Bild der Zukunft schaut, das eurer Gewalt nicht bedarf. Oder wollt ihr, dass ihr eure Feinde massakriert mit der Folge, dass ihr selbst von euren Feinden massakriert werdet? Ich will, dass ihr euch aus euren ideologischen Verhärtungen löst und eine Hoffnung fasst. Ihr kennt nur die Angst und den Hass. Geht frei auf die zu, die ihr fürchtet oder hasst, und lasst die politische und militärische Illusion hinter euch.

Einschub:

Was Jörg Zink da schreibt ist seine Interpretation zu den bekannten Sätzen Jesu:

Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will. Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Wo stand das gleich?

Einschub-Ende

Weiter in Zink's Text:
Aber schon vor und nach der Zeit Jesu war der gewaltlose Einsatz in gefährlichen Situationen durchaus bewährt. Kurz vor dem Auftreten Jesu gab es eine gewaltlose Demonstration gegen Pilatus, als der ein Kaiserstandbild im Tempel in Jerusalem aufstellen lassen wollte. Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus berichtet, die Juden hätten den Palast des Pilatus umringt und dort fünf Tage und fünf Nächte auf den Knien gelegen, ohne sich wegzubewegen. Pilatus ließ sie von drei Reihen Soldaten umzingeln und drohte, sie zu töten. "Die Juden aber warfen sich dicht gedrängt auf den Boden, boten ihren Nacken dar und schrien, sie seien eher bereit zu sterben, als dass sie die Gesetze ihrer Väter schänden ließen. Zutiefst erstaunt über die Glut ihrer Frömmigkeit ließ Pilatus das Standbild sofort aus Jerusalem entfernen" (Josephus: Der jüdische Krieg, 2, 174). Kurze Zeit danach sagte Jesus sein Wort von der Gewaltlosigkeit.

Noch einmal geschah dasselbe unter Kaiser Caligula, dreizehn Jahre nach Jesu Tod. Und wieder überwanden die Juden die römische Macht auf gewaltlosem Wege. "Wollt ihr", fragte der Statthalter, "mit dem Kaiser Krieg führen, ohne an seine Rüstung und an eure Ohnmacht zu denken?" Sie entgegneten: "Wir wollen ganz und gar keinen Krieg führen, sondern lieber sterben, als unserem Gesetz entgegenhandeln." Schließlich gab der römische Staat nach (Josephus, Altertümer, 18,271). Jesu Gedanke von der Gewaltlosigkeit in der Politik heißt: Ohne Furcht gütig sein. Ohne Hass klar in der Sprache. So gerecht, dass der andere sich ändern kann. So selbstkritisch, dass aus dem anderen kein Teufel wird. So geduldig, dass er sein Gesicht nicht zu verlieren braucht. Gewaltlosigkeit heißt, von Gerechtigkeit so sprechen, dass das Gegenüber nicht in die Ecke des Ungerechten gestellt wird, von Frieden so, dass nicht der einen Seite die Schuld beider zugeschoben wird.

zitiert aus: Jörg Zink. "Jesus". S.144f

Nachgeschoben:

Jörg Zink argumentiert damit gegen manche Ausleger,...

... denen die politische Dimension der Predigt Jesu nicht passte. Ihr Argument war etwa so gewesen:
Jesus kann unmöglich politische Aktionen gemeint haben von gewaltfreiem Widerstand und zivilem Ungehorsam. Soetwas gab es erst im zwanzigsten nachchristlichen Jahrhundert. Jesus lebte in einer ganz anderen Zeit, in der es solche Formen der gesellschaftlichen Konfliktbearbeitung noch gar nicht gab. Also dürfen ihm auch keine derartigen Intentionen unterstellt werden..
Nach solchen Auslegungen, hätten sich weder Mahatma Ghandi noch Martin Luther King jr. auf Jesus berufen dürfen, was sie aber sehr deutlich taten. Und nicht nur diese beiden holten sich erklärtermaßen ihre Inspirationen aus der Bergpredigt Jesu, sondern auch zum Beispiel Jörg Zink war in der Friedensbewegung beteiligt am gewaltfreien Widerstand gegen die Stationierung von Atomwaffen (Pershing II  und Cruise Misiles, in Mutlangen , auf der Schwäbischen Alb). Und in vielen anderen Bereichen wurden die Worte Jesu immer wieder zur Antriebskraft für gesellschaftliche Veränderungen. Jörg Zink zeigt mit den historischen Beispielen, dass die Juden schon zur Zeit Jesu Erfahrungen mit Aktionen des gewaltfreien Widerstands hatten. Die Interpretation der Bergpredigt darf also sehr wohl auch solche Absichten Jesu enthalten. Darin liegt kein Anachronismus, ganz im Gegenteil, es ist erstaunlich wie modern die Juden damals schon handelten.

Aufgabe: Suchen Sie aus der Bergpredigt die Stelle der Gewaltlosigkeit heraus.

Like God loves you

Eine andere Interpretation zur Bergpredigt, nicht spezialisiert auf die Gewaltfrage, bietet das folgende Gedicht. Es passt nicht zu den Zeloten, aber es passt zum Unterschied zwischen Jesus und den Zeloten. Der zweite Teil hat irgendwie Ähnlichkeit mit dem was Jesus seiner Zuhörerschaft predigt (lest die Bergpredigt!):

Your Way of Life

Love the quick profit, the annual raise,
vacation with pay. Want more
of everything ready-made. Be afraid
to know your neighbors and to die.
And you will have windows and googles in your head.
Not even your future will be a mystery
any more. Your mind will be punched in a card
and shut away in a little drawer.
When they want you to buy something
they will call you. When they want you
to die for profit they will let you know,
when it's over.

So, friends, every day do something
that won’t compute. Love the Lord.
Love the world. Work for nothing.
Take all that you have and be poor.
Love someone who does not deserve it,
Like God loves you.

hinter "... in your head" würde ich gerne ergänzen:
"und Äppel-Eier", aber das geht nicht auf englisch.
Vielleicht ist Corona eine Chance. Bitte nutzt die Zeit zum Nachdenken
mit dem eigenen Kopf.
Zeilenumbrüche sind der winzige aber wirksame Freiraum für eben dieses.
Der Dichter wäre es wert, genannt zu werden, aber
die Urheberechts-Angaben habe ich leider irgendwie verdrüfelt.
Wer ihn ausfindig macht, hat was gut bei mir.
Fühle Dich angesprochen mit "friends"
so als wärst Du ein∗e Jünger∗in Jesu
und spüre seinen Lebensmut,
seine Liebe,
seine Unabhängigkeit.

Lass es Dir gut tun,
was Du da spürst,
und nimm auf Dich Dein Kreuz
oder: Sein Kreuz?
So oder so:
Folge ihm nach.


Sorry für das Eindringen in Eure Gefühlsräume! Habt Ihr bei dem Gedicht eine Ahnung gekriegt − irgendwo einen Moment lang − von dem Gefühl, das Jesus bei den Menschen seiner Zeit ausgelöst hat? Dann ist das Unterrichtsziel erreicht. Schöne Ferien und frohe Ostern!