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Liebe Gemeinde,
"Weizen und Gerste" kennen Sie, auch Weinstöcke sind in der Großstadt zwischen Wald und Reben wohl vertraut,
und hier im Stadtteil zwischen Killesberg und Lemberg gehören die Weinstöcke vielleicht noch mehr zur Identität
als in manchen anderen Bezirken Stuttgarts. Prächtige Natur und lustvolle Identität, bitte achten Sie auf diese Verbindung!
Das Wir-Gefühl hängt zusammen mit den landwirtschaftlichen Produkten und mit dem wirtschaftlichen Wohlergehen überhaupt.
Spüren Sie das? Spüren Sie dieses "Erntegefühl", dieses "Uns-gehts-gut-Gefühl"!
Halten Sie es fest, trotz Gasproblem und steigenden Preisen! Und dann folgen Sie mir bitte in weniger vertraute Gefilde.
"Feigenbäume und Granatäpfel", so geht es weiter im Text und das sind nun zwei Sachen,
die wachsen nicht so selbstverständlich in Feuerbacher Gärten.
"Ein aufrechter Israelit, der unter seinem Feigenbaum sitzt" so begrüßt Jesus einen seiner Jünger, den Nathanael. Und der Feigenbaum ist dabei nicht nur ein angenehmer Schattenspender, sondern der Feigenbaum ist ein Symbol für Gesetzestreue und Rechtschaffenheit. Die fünf Bücher Mose und die Propheten und weiteren Schriften finden sich sozusagen wieder in den Blättern und Früchten des Feigenbaumes. Da können wir noch gut mitgehen mit unserem Identitätsgefühl. Mit unserem Sinn für Gerechtigkeit, mit den ersten zwei Dritteln unserer Bibel sind wir auf der Seite der aufrechten Israeliten, auch wenn der Feigenbaum nicht in unserem Garten steht. Aber, Achtung, ich ziele auf die Granatäpfel und da werden die Hintergründe und Symbolwerte ein bisschen zwiespältig. Sorry, dass ich Sie am Erntedankfest soweit in die Fremde führe, wie ich es gleich tun werde, aber den großen Umbruch in unserem Bibeltext können Sie erst verstehen, wenn wir die Fremdheit des Granatapfels begriffen haben werden.
"...durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre war", so heißt es in Vers 15. Was der Bibeltext hier sagt, ist nicht einfach der hässliche Kontrast zu den wunderschönen, saftigen Früchten und zur fetten Ernte der anderen Verse. Ginge es nur um Dürre oder Wasser, dann könnte man ja einfach den Dank an den Regen spendenden Gott aussprechen. Der Umbruch in unserem Bibeltext liegt nicht im Vergleich von Dürre und Regen, liegt nicht im Kontrast von trockener Wüste und fruchtbarem Ackerland. Dafür hätte ein simpler Wettergott gereicht, ein Regenmachergott, sicher eingebettet in die Naturordnung, in den stabilen Rhythmus der Jahreszeiten und Klima-Zyklen, und alles wäre gebongt: "Wir danken dir, Wettergott, dass du mit schweren Wolken über die Berge zu uns gekommen bist und die Erde fruchtbar gemacht hast." So müssten wir dann beten und so haben viele Völker viele Jahrhunderte lang gebetet. "Wir danken dir, Wettergötze, dass du mit Blitz und Donner uns dein imposantes Schauspiel von Macht und Ehre vorführst." Und dann müssten wir unsere moralischen Werte aus Blitz und Donner ziehen, müssten den imposantesten Führern hinterherlaufen und müssten unsere Mitmenschen übertrumpfen mit Macht und Ehre. So haben das viele Jahrhunderte lang viele Menschen getan. Wer die Macht hat, bestimmt, was recht ist.
So ist doch die Naturordnung, oder? Erfolg haben ist alles. Der Stärkere setzt sich durch. Microsoft stellt das erfolgreichste Computerbetriebssystem, also ist Windows richtig, oder? Sorry für den Kurzschluss aus der Religion in die Datenverarbeitung. Schnell zurück in unser Fachgebiet.
Der Wettergott hieß im vorderen Orient Ba'al. Von Syrien bis an die Grenze Ägyptens wurde der Ba'al angebetet in allen Staaten Kanaans, nur die Propheten Israel's haben sich gegen den Wettergott gestellt. "Hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott vergisst, der dich aus Ägyptenland heraus geführt hat, aus der Knechtschaft." So heißt es in Vers 14. Das ist die Umbruchstelle! Damit wird unser biblischer Erntedank zum Kontrastprogramm gegen die Erntedankfeste des Ba'al. Was aber hat bitteschön das Wetter zu tun mit dem Auszug aus der Sklaverei? Das Wetter gehört zur Naturordnung, der Auszug aus der Sklaverei gehört zur Gesellschaftsordnung. Die große Gefahr ist, beides nicht zu unterscheiden.
In der Natur frisst der Fuchs die Gans, wenn er sie erwischt, und am ehesten erwischt er die kranke und schwache Gans. So funktioniert das in der Natur und findet ein Gleichgewicht. In der Gesellschaft aber führt das von einer Katastrophe in die nächste. Der Ba'al kommt mit Blitz und Donner über die Berge, als unaufhaltsames Gewitter. Die Könige der Staaten Kanaans wollten auch so imposant sein wie ihr Wettergott. Sie wollten genauso unaufhaltsam mit ihren Kriegsheeren über das Land kommen. Mit der Übertragung von der Natur auf die Gesellschaft wurde der Wettergott zum Kriegsgott. Und die Kulturen, die den Ba'al verehrten, standen auf der Seite der Sieger, nicht auf der Seite der Kriegsopfer und auch nicht auf der Seite des Friedens. Die Idee, dass Menschen Frieden lernen sollten, entsteht erst, wenn ein Gott aufsteht, der nicht automatisch auf der Seite der Sieger steht, und wenn Menschen begreifen, dass sie für ihre Gesellschaftsordnung verantwortlich sein müssen.
Die Ausrede, so sei das in der Natur, funktioniert nicht bei einer Tiergattung, die Werkzeuge benutzt und Feuer, bis hin zum atomaren Feuer, bei einer Tiergattung, die mit ihrer Sprachfähigkeit virtuelle Welten schaft, bei einer Tiergattung, die über alle Grenzen der Abstammung hinaus auf dem ganzen Planeten zusammenarbeitet. Der Mensch macht so viele Sachen, die außerhalb der natürlichen Regulierungssysteme stehen, dass "Natürlichkeit" zu einer gefährlichen Irreführung und Ausrede wird. Ameisenstaat oder Bienenstaat können keine Modelle mehr sein für menschliche Staaten und das Vertrauen auf Schwarmintelligenz ist alles andere als intelligent. Der Homo sapiens läuft in die Irre, wenn er sich nur als Naturtier versteht. Wir müssen lernen uns als "Kulturtiere" zu verstehen.
Wir waren bei den Granatäpfeln, einer leckeren und vitaminreichen Frucht. Granatäpfel sind die Symbolfrucht einer Göttin, die in der Bibel den Namen Aschera trägt. Aschera ist die Göttin der Erde und sie ist die Frau des Wettergottes Ba'al. Dargestellt wird Aschera als großer Holzpfahl im Tempel und als kleines Tonfigürchen in den Häusern. Die Archäologen haben massenhaft diese Tonfigürchen ausgegraben, auch in den Häusern Israels. Es ist eine Frauengestalt, die ihre betont großen Brüste darbietet, denn Mama Erde muss all ihre Kinder, also alle Lebewesen ernähren. Und diese alles ernährende Mama Erde war eine sehr populäre Göttin.
Das ganze Weltbild bestand im Wesentlichen aus diesen beiden Naturgottheiten: Mama Erde, alias Aschera, lässt alles wachsen und Papa Himmel, alias Ba'al, bringt den Regen. Die Natur- und Weltordnung Kanaans bestand aus diesem Paar: Der Himmel oben als Mann, die Erde unten als Frau. Und nach diesen Vorbildern wurden auch die Geschlechterrollen geprägt: Als Mann musst du imposant sein, gewaltig und gewalttätig, ein Siegertyp, ein Eroberertyp, voller ungebremster Durchsetzungskraft. Als Frau musst du Fürsorglichkeit verströmen und Fruchtbarkeit zur Schau stellen, alle deine Kinder ernähren und ausgeliefert sein deinem Mann.
Dieses Weltbild ist aus der Kultur der Kanaanäer mit hinein geflossen auch in unsere Kultur, trotz aller Gegenwehr der Propheten. Trotz aller Warnungen unseres Sklavenbefreiergottes wird die Menschheit immer wieder rückfällig in den Götzndienst des puren Erfolgsglaubens. Schauen Sie sich das Macho-Gehabe irgendeines Kriegsfürsten an: Dann sehen Sie den Ba'al. Ba'al stand und steht in Auseinandersetzung mit dem Gott Israels. Zu welchem Himmelsgott gehört Mama Erde? In Israel gab es zwei Strategien. Die einen meinten, nur der Ba'al sei der Feind, die Aschera aber, die gute Mutter Erde, könnte doch im Gott Israels einen lieben Mann haben. Sie wollten das Bild vom trauten Paar in der Natur, im Weltbild beibehalten, als Modell auch für die Paar- und Familien-Idylle zwischen den Menschen. Die anderen meinten, um den Ba'al zu bekämpfen, muss auch Aschera abgelehnt werden. Strenger Monotheismus sei die Lösung, es darf nur einen Gott geben, der umfasst Himmel und Erde, und dann stehen alle Menschen auf Augenhöhe zueinander. In der Theorie hat sich diese Strategie später durchgesetzt, aber die vielen Tonfigürchen und manche Bibelstellen zeigen, dass quasi unterirdisch das kanaanäische Weltbild weiterlebt, auch in den Geschlechterrollen. Ein theoretischer Monotheismus reicht aber nicht, wenn in wirtschaftlichen und in Gender-Fragen heimlich die alte Rollenverteilung weiterlebt.
Die Fruchtbarkeits- und Naturreligionen sind so naheliegend, der Glaube an den Erfolg und das Vertrauen auf eigene Stärke ist so verführerisch, dass wir immer wieder in diese Richtung abdriften. Und der Bauer mit den größten Kartoffeln gilt dann als der Liebling der Götter. und so wird die Menschheit auch weiterhin sich selbst und die Erde zugrunde richten.
"Hüte dich davor, den HERRN, deinen Gott zuvergessen!" Wenn wir und die Erde dem Sklavenbefreiergott gehören, dann ist die Lust an den prächtigen Früchten der Erde gekoppelt mit viel Achtsamkeit der Natur und den Mitmenschen gegenüber. Unser Wir-Gefühl nimmt sich dann der Schwachen und Erniedrigten an. Die Gesellschaftsordnung und die Geschlechterordnung müssen dann immer wieder korrigiert und bearbeitet werden, müssen neue entwickelt werden gegen alles Abdriften in die Sklaverei. Nach den Maßstäben dieses ganz anderen Gottes sind wir nicht fertig mit einem Modell von Gesellschaft und Geschlechterrollen, sondern müssen diese immer wieder neu überprüfen. Genieße sorgfältig die prächtigen Früchte der Erde und "hüte dich davor, den HERRN, deinen Gott zuvergessen!" Amen.
Herzliche Grüße, Ihr Pfarrer
Harald Küstermann
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