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Rahab und die rote Schnur

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Die Veränderung der Bes-Darstellung in den Siegelbildern Kanaans / Teil 7 /  Dieser Artikel wurde veröffentlicht am 20.Feb.2021

Bes in Israel

Siegelamulett aus Achsib Spätbronzezeit-II-B. Nachzeichnung cc-by-sa RoteSchnur.de

Bild: Bes führt die Menschen. Nachzeichnung eines Siegelamulettes der Spätbronzezeit aus der Küstenstadt Achsib. Dieses Siegel wurde wissenschaftlich dokumentiert von Othmar Keel 1997: Corpus der Stempelsiegel-Amulette aus Palästina/Israel. Band 1, Seite 54f, Objekt Achsib Nr.98. online-version

Die Ikonographie des ägyptischen Gottes Bes findet ihre heftigste Umwälzung außerhalb Ägyptens. »  Es beginnt in der Spätbronzezeit »  Die mächtige Mama auf dem Leopardenthron »  Der angstlose Herr der Macht »  Die alle Lebenkraft verströmende Göttin »  Drei Gestalten erhöhen die Gottheit in ihrer Mitte »  Bes, Herr der Tiere, Herr der Menschen »  Bes bändigt die Löwen »  Menschen sind ungeheurer als Löwen »  Die regionale Verteilung der Bildmotive »  Eine halbe These

Die Ikonographie des ägyptischen Gottes Bes findet ihre heftigste Umwälzung außerhalb Ägyptens nämlich in den Siegelamuletten Kanaans.

Eine Zentralgestalt symmetrisch flankiert von zwei Tiergestalten stellt fast immer den "Herrn der Tiere" oder die "Herrin der Tiere" dar. Dieses Motiv gilt als die vielleicht älteste Form eines Gottesbildes. Die unzähligen Abwandlungen dieser Anordnung werden dann so interpretiert, dass die Zentralgestalt eine irgendwie göttliche Rolle für die flankierenden Gestalten innehat. In der Mitte befindet sich die Gottheit, rechts und links ihre "Verehrer*innen", so etwa ist die Rollenverteilung. Seit der Spätbronzezeit erscheint der ägyptische Gott Bes in solchen, für ihn neuen Verhältnissen. Da steht Bes in der Mitte zwischen zwei symmetrisch rechts und links von ihm angeordneten Gestalten. Es sind die nur wenige Quadratzentimeter großen Bildchen der Siegelamulette, die ihn in diese Zusammenhänge stellen. Aufgrund des winzigen Formats sind die Gestalten sehr stilisiert. Ausgerüstet mit wenigen typischen Merkmalen, werden die gemeinten Gestalten sichtbar gemacht, aber in dieser auf's Wesentliche reduzierten Form werden sehr weitreichende religiöse Aussagen getroffen. Die mittlere Gestalt wird zur wichtigen oder gar wichtigsten Gottheit erhöht, die flankierenden Gestalten stehen oft für einen größeren Bereich der Welt oder für die Welt als Ganzes.

Es beginnt in der Spätbronzezeit

Unscheinbar und doch ganz besonders ist ein Siegelamulett der Spätbronzezeit aus der Küstenstadt Achsib, etwa 13 Kilometer nördlich von Akko. Das Siegelbild zeigt in der Mitte eine Gestalt mit weit geschwungener Federkrone, kurzen Beinen und langem Schwanz. Damit ist eindeutig der ägyptische Bes gemeint. Er allein, so wie er auf diesem Siegel dargestellt wird, entspräche noch einigermaßen dem traditionellen, ägyptischen Bild von ihm. Aber Bes hat hier rechts und links jeweils einen Menschen an der Hand genommen. Damit setzt dieses Siegelbild ihn in eine höchst ehrenvolle Gottes-Rolle ein, nicht mehr als kleiner, randständiger Hilfsgott ist Bes zugange. Die neben der Federkrone des Bes umherfliegenden "Engelchen" oder Gänse lassen wir erstmal unkommentiert, es muss aber bemerkt werden, dass die von Bes geführten Menschen keineswegs gebunden sind, sondern frei und vertrauensvoll Hand in Hand mit ihm gehen. Wäre es die Bewachung von Gefangenen, würde sie anders dargestellt. Dafür gäbe es Beispiele auf Siegeln in Ägypten. Unser Siegel hier in Achsib benutzt eher die Darstellungsweise, mit der sonst der Pharao Hand in Hand mit seinen Führungsgöttern gezeigt wird. Nur sind hier einfache Menschen dargestellt ohne königliche Insignien, und in ihrer Mitte der seltsame Bes, keiner der pharaonischen Götter. "Bes führt die Menschen", wäre die einfache, offensichtliche Bedeutung dieses Bildchens.

Um die Aussagekraft dieser Bildkonstellation zu erfassen, sollten wir aber dem Bildschema ein bisschen in die Tiefe seiner Tradition folgen. Berühmte Beispiele für das Schema "Herr*in der Tiere" finden sich schon tief im Neolithikum.


Herrin der Tiere. Göttin auf dem Leopardenthron. Çatalhöyük, circa 6000 v.Chr
Museum of Anatolian Civilizations 1320259, Foto Nevit Dilmen, cc-by-sa

Bild: Herrin der Tiere. Göttin auf dem Leopardenthron. Çatalhöyük, circa 6000 v.Chr Museum of Anatolian Civilizations 1320259, Foto Nevit Dilmen, cc-by-sa

Die mächtige Mama auf dem Leopardenthron

Bei der Göttin auf dem Leopardenthron aus Çatalhöyük, sind die Leoparden oder Löwen die flankierenden Gestalten und die zwischen ihnen thronende Lady wird damit als Herrin dieser Tiere gekennzeichnet. Die Sesshaftigkeit gewinnt über die Wildnis, so könnte das Gefühl in dieser Statue versuchsweise übersetzt werden. Ackerbau und Viehzucht nährten zwar das Selbstbewusstsein der Menschen, über die Natur zu herrschen, aber im Einzelfall, also in der Begegnung eines Menschen mit einer Raubkatze wäre doch eher die Wildnis als der eigentliche Sitz der Macht erschienen. Die Gleichsetzung einer mächtigen Frau im Sozialgefüge der Steinzeitsiedlung mit der noch viel mächtigeren "Mama Welt" da draußen, außerhalb der menschlichen Siedlung, ist schon auch ein etwas frecher Ausdruck des menschlichen Selbstbewusstseins. Diese Leoparden sind keine modisch schicken Luxus-Pets, sondern die wohl gefährlichsten Raubtiere im damaligen Anatolien. Aus ihnen Armstützen des menschlichen Machtgefühls zu machen, war ein Hauch von Größenwahn. Und dies geschieht Jahrtausende vor den ersten Pharaonen. Für den späteren Untergang Çatalhöyüks wird ein Klimawandel, ein katastrophaler Hauch der Wüste, verantwortlich gemacht. Mama Natur hat noch mächtigere "Tiere" in ihrem Repertoire, als ein paar Raubkatzen. Aber der Leopardenthron von Çatalhöyük war als Bildmotiv so beeindruckend, dass er jahrtausende lang, auch nach dem Untergang dieser neolithischen Siedlung, das Grundmuster für fast jeden Königsthron des vorderen Orients abgab, vom Löwenwagen der Cybele ganz zu schweigen. Çatalhöyük und die Göttin auf dem Leopardenthron wären ganz eigene Themen, wir schauen uns hier nur das Motiv "Herrin der Tiere" an. Als zweites Beispiel kommen die Männer, immer noch neolithisch.


Messergriff vom Gebel el-Arak detail Louvre E-11517 ccbysa ALFGRN

Bild: Messergriff vom Dschebel el-Arak, neolithisch in Ägypten, mit mesopotamischen Einflüssen in der Gestaltung des Motivs. Foto von ALFGRN, cc-by-sa.

Der angstlose Herr der Macht

Beim Elfenbeingriff des Messers vom Dschebel el-Arak ist es ein bärtiger Mann, der zwischen zwei mächtigen Löwen steht, wobei es nicht ganz so sicher scheint, ob er wirklich ihrer Herr bleiben wird. Für seine Herren-Rolle muss er wohl eine geheime Macht ausstrahlen. Aber vielleicht dient gerade die Größe und Stärke der Löwen dazu, die Macht dieses Mannes in der Mitte noch mehr hervor zu heben. Ähnlich souverän wie die Lady von Çatalhöyük, aber etwas kriegerischer erscheint diese Waffenverzierung vom Dschebel el-Arak. Es ist kein zufälliger Einzelkämpfer, der da abgebildet ist, sondern Kleidung und Barttracht zeigen den Einfluss eines mesopotamischen Gottesbildes, das in diesem steinzeitlichen Messergriff bis nach Ägypten herüber wirkt. Es ist die grimmige Entschlossenheit, die da vom neolithischen Waffenproduzenten vergöttert wird. Von einem Großreich zum nächsten gehören dann Jahrtausende dem Griff nach der Macht mit diesem Gottesbild oder einem seiner Nachfolger. Dieses Steinzeit-Messer mit seinem Elfenbeingriff könnte zur Diskussion beitragen, wann und wie welche patriarchalen Kulturen auf Ägypten Einfluss gewannen, aber wir schauen uns hier nur das Motiv "Herr der Tiere" an. Und mit dem dritten Beispiel nähern wir uns der Zeit unseres Siegelbildchens aus Achsib.


Aschera als Herrin der Tiere

Bild: Die Göttin zwischen zwei Capriden, Aschera als Herrin der Tiere. Elfenbeinschnitzerei aus Ugarit, ca. 1250 v.Chr., Louvre, cc-by-sa Rama

Die alle Lebenkraft verströmende Göttin

Die Aschera aus Ugarit zwischen zwei Ziegenböcken ist eine friedlichere Variation zum Herrin-der-Tiere-Motiv. Das ist nicht irgendeine zufällige Bäuerin, die ihre Haustiere füttert, sondern dieses Bildmotiv wurde sehr viel abstrakter und sehr viel weitreichender gedacht. Das zeigen die häufigen Variationen, in denen statt der Frau, der Lebensbaum die mittlere Gestalt bildet. Es ist die alles gebärende und alles ernährende Göttin, die in jedem Baum und jeder Pflanze, in jeder Schwangerschaft und jeder Geburt, für Kraft und Gedeihen sorgt. Um vor allzu simpler Göttinnen-Begeisterung zu warnen, sei darauf hingewiesen: Die Aschera in der Spätbronzezeit ist nicht solo als alleinherrschende Göttin unterwegs, sondern hat ihren El oder Ba'al schon lange dabei und die Opferhöhen der Bocksgeister waren mitsamt dieser Herrin der Capriden Teil des binären Weltbildes. Aber wir schauen uns hier nur ...

Drei Gestalten erhöhen die Gottheit in ihrer Mitte

Die wenigen Beispiele sollten ein Gespür für die Stärke dieser Bildtradition wecken. Eins rechts, eins links, bedeutet nicht: Eins fallen lassen. Ganz im Gegenteil: So eine Dreiergruppe erhebt die Gestalt in der Mitte zur Gottheit mit einer sehr weitreichenden Bedeutung. Es gibt auch vereinzelt Darstellungen, bei denen die flankierenden Gestalten die Mittlere besiegen, aber selbst da hat die Zentralgestalt noch die höhere Würde, weil zwei Gegner nötig sind, um sie zu überwältigen. Und die Übermacht der flankierenden Figuren ist die Ausnahme. Fast immer wird mit dem In-die-Mitte-Stellen die große Bedeutung und Wichtigkeit der Zentralgestalt ausgedrückt. Und wo Macht und Herrschaft ins Spiel kommen, ist die mittlere Gestalt nicht nur die ehrenvollere, sondern auch die herrschende über die Flankengestalten. In diese Art der Anordnung wird nun der ägyptische Bes gestellt. So machen das manche Siegelbilder in Kanaan mit ihm, in Kanaan wohlbemerkt, nicht in Ägypten.


Siegelbild Bes baendigt Loewen, aus Eggler und Keel 2006, im Fundkontext eines Grabes bei Tareq, EZ IIC, 7.-6. Jh

Bes bändigt die Löwen, Nachzeichnung des Siegelbildes aus Tareq (Ausgrabungsort im heutigen Jordanien), wissenschaftlich dokumentiert in: Corpus der Siegel-Amulette aus Jordanien: Vom Neolithikum bis zur Perserzeit, von Jürg Eggler und Othmar Keel, 2006 (online-version), dort mit Foto und besserer Nachzeichnung auf den Seiten 44f, Objekt 'Amman Nr.62.

Bes, Herr der Tiere, Herr der Menschen

Bes im Bild-Muster "Herr der Tiere" zeigt in Kanaan mehrere Variationen. Mehrfach erscheint er als "Herr der Löwen". Da ist die kämpferische Komponente dieser Bildtradition vorherrschend. In Achsib war es dagegen die vertrauensvolle Komponente als "Herr der Menschen". Die Aussage des Bildes bedeutet immer die Vergöttlichung der Zentralgestalt durch die flankierenden Gestalten und die Wesensart der Gottheit wird durch ihr Verhältnis zu den Flankierenden bestimmt. Entsprechend variieren die Benennungen der Bildszenen. Wenn die flankierenden Tiere wild und widerspenstig sind, also der Gott in der Mitte zum Beispiel zwei Löwen gepackt hält, dann lautet die Interpretation "dieser Gott bändigt die Löwen". Das ist der Fall beim abgebildeten Siegel aus Tareq, Jordanien.


Bes meistert Loewen, Siegelbild aus Aschkelon, Schemazeichnung cc-by-sa RoteSchnur.de

Bes bändigt die Löwen, Siegelbild aus Aschkelon, wissenschaftlich dokumentiert bei Othmar Keel 1997, Objekt Aschkelon Nr.8, Seite 691f., Nachzeichnung für RoteSchnur.de cc-by-sa

Bes bändigt die Löwen

Was bedeutet es "Herr der Löwen" zu sein? Es ist nicht ein Dompteur in der Zirkusvorstellung, der da auf dem Siegelbildchen in Aschkelon erscheint. Die Löwen sind einerseits Repräsentanten der gefährlichen Wildnis, sie kennzeichnen also ihren "Herrn" als die ungezähmte Kraft hinter allen wilden Geschöpfen. Andererseits stehen Löwen für den König, nicht nur den ägyptischen. Mancher König lässt sich selbst in der Gestalt eines "Löwen" abbilden. Auf den entsprechenden pharaonischen Siegelbildern schreitet ein Löwe über die gefallen Feinde des Königs hinweg. Das ist dann ein Triumphbild für irgendeinen militärischen Sieg. Manche Pharaonen ließen sich sogar realiter von gezähmten Löwen auf ihren Kriegszügen begleiten bis hin zum Einsatz der Tiere auf dem Schlachtfeld. Mit ihrem königlichen Symbolwert machen die Löwen ihren "Herrn" zum König der Könige, zum Sieger über die Siegertypen. Den Bes in der Rolle des "Herrn der Löwen" darzustellen ist also ein kühner, auch politisch brisanter Machtanspruch, der dem kleinen Hilfsgott aus Ägypten unterstellt wird. Der Schutzgott des Königs dürfte selbstverständlich als "Herr der Löwen" abgebildet werden, aber was hat der kurzbeinige Girlandenhalter an dieser Stelle zu suchen? So müsste die konservative Pharaonen-Partei Ägyptens voller Entrüstung fragen.


Scarab seal with Bes dominating two lions, 6th-5th century BC, MET

Bes bändigt die Löwen, 6.-5.Jahrhundert v.Chr., Metropolitan Museum, cc0

Weitere Siegel mit dem Motiv "Bes bändigt die Löwen" gibt es aus achämenidischer Zeit im Metropolitan Museum (siehe Bild) und im Britischen Museum unter der Nummer 91895 Auch eine phönizische Silbermünze aus Aschdod trägt so ein Bild. Und Othmar Keel hat ein weiteres als Objekt Atlit Nr.22 auf Seite 768 dokumentiert. Das von Barnett und Mendleson behandelte Siegel aus dem British Museum könnte zwar altersmäßig an die Löwenbändiger-Szenen aus Israel herankommen, hat aber mit 8. bis 3. Jahrhundert eine sehr weite Datierung. Trotz des fernliegenden Ausgrabungsortes im phönizischen Friedhof von Tharros auf Sardinien, gehört es als phönizisches Produkt in die kulturelle Nachbarschaft Israels. Bes hat da mit seinen Löwen im Laufe der Jahrhunderte einiges an Power entwickelt, aber viel interessanter sind die Anfänge mit dem "Herrn der Menschen" auf unserem ersten Siegel (siehe oben) in der Spätbronzezeit.


Bes verehrt von zwei Menschengestaltigen, Siegel aus Hazor, Eisenzeit-II-B

Bes wird verehrt von zwei Menschengestaltigen. Siegelbild aus Hazor, Eisenzeit-II-B, Nachzeichnung für RoteSchnur.de

Menschen sind ungeheurer als Löwen

Frei und vertrauensvoll lassen sich die Menschen von Bes an der Hand nehmen, so hatten wir beim ersten Siegel der neuen Ikonographie gesagt. Der Titel "Herr der Löwen" ist viel zu harmlos für die dynamische Seite des Bes und der Titel "Herr der Menschen" würde das Neue nicht treffend bezeichnen. Beides sind nur die Bestrebungen aller Herrscher, und mit beiden Titeln würde sich wohl jeder intelligentere Pharao gerne zieren. Bes ist anders. Das was hinter den neuen Bildern von Bes steht, ist anders. Das erste Siegel, das aus Achsib, siehe oben, zeigt am stärksten die neue Kraft. Damit es nicht so alleine bleibt, soll ihm ein zweites Siegel vom Typ "Bes führt Menschen" zur Seite gestellt werden, auch wenn diese Variante aus Hazor nicht ganz so frei und vertrauensvoll wirkt. Die beiden anthropomorphen Gestalten neben Bes heben bittend die Hände. Die würdevolle Verehrung eines Gottes wird hier dargestellt. Bei der rechten Gestalt sieht es aber so aus, als trüge sie einen Tierkopf. Ist das eine Mischform der Motive zwischen Mensch und Löwe? Sind es vielleicht ägyptische Götter, die hier dem ehemals kleinen Bes ihre Referenz erweisen? Auch drumherum ist auf diesem Siegel manches sehr ägyptisch, nur dass der Bes in der Mitte steht, passt nicht in die ägyptische Welt. Lassen wir es stehen unter dem Titel: "Bes als Herr seiner Verehrer". Viel wichtiger als die einzelne Interpreation ist die grundsätzliche Wahrnehmung des Umbruchs in der Bildtradition. Wer sind die Menschen hinter den neuen Bes-Bildern? Welcher gesellschaftliche Umbruch steht hinter dem ikonographischen?

Die regionale Verteilung der Bildmotive

Die aufregenden neuen Bilder von Bes entfalten sich außerhalb Ägyptens. Das ist wichtig! Die regionale Verteilung der neuen Bilder sagt, dass es in Kanaan geschieht. Dort findet die ikonographische Umwälzung statt, während im Stammland am Nil die alten Bild-Traditionen weitergeführt werden.

Landkarte mit den Fundorten der neuen Ikonographie des Bes

Landkarte mit den Fundorten der neuen Ikonographie des Bes.
Die Fundorte der aufgeführten Siegel sind blau markiert. Die Länder-Bezeichnungen (Philistäa etc.) geben nur ungefähre Machtbereiche an. Im Entstehungszeitraum der Siegel sind genaue Grenzverläufe nicht geklärt. Weiterverwendung dieser Karte ist erlaubt unter den Bedingungen cc-by-sa 3.0, das heißt Namensnennung (RoteSchnur.de) und Weitergabe unter gleichen Bedingungen. Die Kartenbasis stammt von Eric Gaba in einer Version von Zunkir, beide verfügbar auf wikimedia.

Eine halbe These

Von einem ägyptischen Gott wird in Kanaan eine neue Geschichte erzählt. Der abgebildete Bes spricht sehr dafür, dass die Menschen, die diese Bilder machen, aus Ägypten kommen. Wäre es nur kultureller Einfluss, dann müsste er sich als Nachahmung der ägyptischen Bes-Motive zeigen und als Vermischung von kanaanäischen mit ägyptischen Traditionen, nicht aber als Umwälzung innerhalb der ägyptischen. Das sind zwei unterschiedliche Prozesse des kulturellen Wandels, die sich jeweils auf eine andere Bevölkerung als Basis beziehen. Kanaanäer können ägyptisches Material aufnehmen und damit ihre kanaanäischen Traditionen ändern, aber hier sieht es eher so aus, als würden die Bildproduzenten innerhalb des ihnen vertrauten ägyptischen Materials einen Umbruch vollziehen. Die neuen Bes-Bilder sind kaum als eine nativistische Bewegung von Kanaanäern zu verstehen. Viel eher sind es Migranten, die ihre vertraute, mitgebrachte Kultur umbauen. Diese Menschen und ihre Bilder passten nicht in das alte Schema. Sie passten nicht in die ägyptische Weltordnung. Sie gehören nicht zu den Sklavenbildern, sondern treten in Konflikt dazu. Der "Bes" kommt aus Ägypten und er fängt in Kanaan ein neues Leben an. Für wen steht er in der Levante als Symbolfigur? Wer identifiziert sich mit ihm? Natürlich die entlaufenen Sklaven, die da eine neue Gesellschaft wagen. Der Ausbruch aus der ägyptischen Weltordnung ist gelungen. Die neuen Bilder von Bes sind ein Indiz für die Geschichtlichkeit des Exodus. So heißt hier die These. Und dann muss natürlich die Gegenfrage gestellt werden: Aber Bes ist doch nicht der Gott Israels?

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Bes ist nicht der Gott Israels

Aufregendes geschieht in der Ikonographie des ägyptischen Gottes Bes am Ende der Bronzezeit. Aber es geschieht nicht in Ägypten sondern in Kanaan. Und die neuartigen Bilder von Bes werden nicht von Menschen gemacht, die ihn kultisch verehren, sondern diese neuartigen Bilder entstehen in einer Kultur, die sich der Bilderlosigkeit zugewandt hat.


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