Luther - 1. im Kloster - - 2. seine Zeit - - 3.1 Instanzen - - 3.2 Rechtfertigung - - 4. Entdeckung - - 5. Freiheit? - - 6. Brutalität - - 7. Was gilt vor Gott? - - 8. Bibel auf Deutsch - - 9.1 Luther die Hexen A - - 9.2 und die Hexen B - - 10. Anton Praetorius gegen die Hexenverfolgung - - 11. Wirkung für die Freiheit - - 12. Wirkung für die Schule - - 13./14. Demokratie - - 15. Luther und die Juden -

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Thomas Mann über Luther und die Demokratie

Thomas Mann war einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller und Träger des Nobelpreises für Literatur. In der Nazi-Zeit war er zuerst in die Schweiz und dann nach Amerika ausgewandert, weil er gegen die Nazi-Diktatur war. Thomas Mann stammte aus Lübeck, aus einer angesehenen Patrizier-Familie. Die freie Reichs- und Hansestadt Lübeck war in der Reformationszeit lutherisch geworden und blieb durch die Jahrunderte eine lutherische und kulturreiche Stadt. Nach dem Untergang der Nazi-Herrschaft im Jahre 1945 beschäftigte sich Thomas Mann intensiv mit der Geschichte Deutschlands und mit seinen eigenen Gefühlen für diese Geschichte.

Es folgen drei Abschnitte aus Thomas Mann‘s Rede „Deutschland und die Deutschen“ 1945, mit einer Aufgabe zu jedem Abschnitt. Außerdem kommt noch eine Aufgabe zu einer Landkarte.

Thomas Mann über Lübeck

"Das außerordentlich schöne Rathaus, in dem mein Vater als Senator aus und ein ging, war vollendet in dem Jahr, als Martin Luther seine Thesen anschlug ans Tor der Schlosskirche von Wittenberg, also bei Anbruch der neuen Zeit. Aber wie Luther, der Reformator, nach Denkungsweise und Seelenform zum guten Teil ein mittelalterlicher Mensch war und sich zeit seines Lebens mit dem Teufel herumschlug, so wandelte man auch in dem protestantischen Lübeck ... tief im gotischen Mittelalter, - und dabei denke ich nicht nur an das spitz getürmte Stadtbild mit Toren und Wällen, an die humoristisch-makabren Schauer, die von der Totentanz-Malerei in der Marienkirche ausgingen, die winkligen, verwunschen anmutenden Gassen, die oft nach alten Handwerkszünften, den Glockengießern, den Fleischhauern benannt waren, und an die pittoresken Bürgerhäuser. Nein, in der Atmosphäre selbst war etwas hängen geblieben von der Verfassung des Menschengemütes - sagen wir: in den letzten Jahrzehnten des fünfzehnten Jahrhunderts."

Aufgabe 1: Notiere mindestens drei ungewöhnliche Worte, mit denen Thomas Mann seine Heimatstadt beschreibt.

Thomas Mann über Martin Luther

"Martin Luther, eine riesenhafte Inkarnation deutschen Wesens, war außerordentlich musikalisch. Ich liebe ihn nicht, das gestehe ich ganz offen. Das Deutsche in Reinkultur, das Separatistisch-Antirömische, Anti-Europäische befremdet und ängstigt mich, auch wenn es als evangelische Freiheit und geistliche Emanzipation erscheint, und das spezifisch Lutherische, das Cholerisch-Grobianische, das Schimpfen, Speien und Wüten, das fürchterlich Robuste, verbunden mit zarter Gemütstiefe und dem massivsten Aberglauben an Dämonen, Incubi und Kielkröpfe, erregt meine instinktive Abneigung. Ich hätte nicht Luthers Tischgast sein mögen, ich hätte mich wahrscheinlich bei ihm wie im trauten Heim eines Ogers gefühlt und bin überzeugt, dass ich mit Leo X., Giovanni de Medici, dem freundlichen Humanisten, den Luther »des Teufels Sau, der Babst« nannte, viel besser ausgekommen wäre. "

Aufgabe 2: Notiere mindestens drei Stichworte, mit denen Thomas Mann sich kritisch über Luther äußert.

Thomas Mann über Demokratie

"Nichts gegen die Größe Martin Luthers! Er hat nicht nur durch seine gewaltige Bibelübersetzung die deutsche Sprache erst recht geschaffen. Indem er die Unmittelbarkeit  des Verhältnisses des Menschen zu seinem Gott herstellte, hat er die europäische Demokratie befördert, denn »Jedermann sein eigener Priester«, das ist Demokratie." 

Aufgabe 3: Notiere den ganzen Satz (vom Punkt davor bis zum Punkt danach), mit dem Thomas Mann die Wirkung Martin Luther's für die Demokratie würdigt.

Die schöne Seite

Ein besonders wichtiger Punkt für eine funktionierende Demokratie sind die Pressefreiheit und damit eng zusammenhängend die Meinungsfreiheit. Schauen wir noch einmal diese Freiheit genauer an. Diesmal gucken wir nicht nur auf "protestantische" Länder, denn von Protestanten gibt es mehrere Arten, sondern wir konzentrieren uns auf nur eine Sorte von Protestanten, nämlich die Lutheraner. Alle Länder der Welt mit einer massiven, lutherischen Bevölkerungsmehrheit sind auf der folgenden Landkarte orange gefärbt. Es sind nur fünf. Die Zahl im jeweiligen Land bedeutet, wieviel Prozent der Bevölkerung einer lutherischen Kirche angehören. Da alle mehrheitlich lutherischen Länder in Eurpa liegen, brauchen wir keine Weltkarte, sondern begnügen uns mit einer Europakarte.

Der Press Freedom Index hat immer wieder festgestellt, dass Journalisten in den Ländern Finnland, Dänemark, Neuseeland, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und der Schweiz die größten Freiheiten genießen. Sieben Länder werden hier genannt. Diese sieben sind sozusagen die Weltspitze in Sachen Freiheit. Neuseeland ist zwar protestantisch, aber nicht lutherisch und liegt außerhalb unserer Landkarte, die anderen sechs liegen in Europa. Wieviele von den Spitzenländern der Freiheit sind lutherisch? Es gibt nur ein lutherisches Land, das zwar auch eine gute Pressefreiheit hat, aber nicht ganz in der Spitzengruppe mitspielt (Island). Und es gibt außer Neuseeland noch zwei Länder die zur Spitzengruppe gehören, ohne lutherisch zu sein.

Achtet auf die hohe Übereinstimmung: Von den sieben freiesten Ländern sind vier lutherisch, obwohl es weltweit nur fünf Länder mit lutherischer Mehrheit gibt. Von den fünf mehrheitlich lutherischen Ländern sind vier in der Spitzengruppe der Freiheit und das eine übrige spielt gleich in der zweiten Liga. Ist das nicht schön? Luthertum tut der Freiheit gut.

Länder mit lutherischer Mehrheit. Die Zahlen in den Ländern geben an, wieviel Prozent der Bevölkerung einer lutherischen Kirche angehören (Datenstand 2020 aus dem Wikipedia-Artikel zum jeweiligen Land) Karte verfügbar unter cc-by-sa.

Diese Karte und die Liste der ersten zehn des World Press Freedom Index 2020 im PDF-Format

Aufgabe 4: Notiere die Namen der Länder, die sowohl lutherisch sind, als auch beste in der Pressefreiheit.

Die schlimme Seite

Erinnerst Du Dich noch an das Bild mit der Versuchung des Heiligen Antonius? Du müsstest es in Deinem Heft haben. Welcher dieser Dämonen würde zum Typ »Kielkropf« passen?

Im trauten Heim eines Ogers

Wir ersparen uns das Vergnügen, Luther als Oger im trauten Heim zu malen, aber Du darfst kurz mal Deine Phantasie spielen lassen, wie das aussehen könnte. Dies ist nicht als witzige Bemerkung gemeint, sondern als eine zaghafte Annäherung an Luther's schlimmsten Fehler. Martin Luther war in mancher Hinsicht mitschuldig an den dämonischen Auswüchsen des Nationalsozialismus, insbesondere am millionenfachen Mord an den Juden. Dafür sind alle makabren Totentanzbilder und alle noch so gruseligen Dämonenbilder bei weitem zu harmlos.

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